
Der Südsudan, einst als hoffnungsvolles neues Land gefeiert, ist heute zum Symbol eines vergessenen Konflikts geworden. Trotz der anhaltenden humanitären Krise und des dringenden Bedarfs an internationaler Unterstützung gerät das Land zunehmend aus dem Fokus der globalen Aufmerksamkeit. Warum aber fehlt einem der wirtschaftlich schwächsten Länder der Welt die notwendige Beachtung?
Ein wesentlicher Grund für die geringe internationale Wahrnehmung ist der Mangel an verlässlichen Informationen, der teilweise auf den erschwerten Zugang für Journalist:innen ins Land zurückzuführen ist – viele Orte sind nur per Charterflug erreichbar. Dies hindert die internationale Gemeinschaft daran, die Situation genau einzuschätzen. Zudem wird die Krise oft von anderen globalen Ereignissen überschattet, wie aktuell in der Ukraine oder im Nahen Osten, die mehr Aufmerksamkeit in den Medien erhalten. Die fehlende wirtschaftliche Relevanz des Landes für die grossen Industrienationen könnte ebenfalls eine Rolle spielen – dabei ist der Südsudan reich an Ressourcen.
Rund 90 % der Staatseinnahmen stammen aus der Erdölförderung. Allerdings ist der Export seit April 2024 aufgrund des Krieges im Sudan unterbrochen, was massive Einnahmeausfälle zur Folge hat. Der Aufbau einer verarbeitenden Industrie könnte dem Südsudan helfen, Rohstoffe vor Ort zu veredeln und so deren wirtschaftlichen Wert zu steigern. Dies würde jedoch massive Investitionen in Infrastruktur und Bildung erfordern, aber die instabile politische Lage und die anhaltenden Konflikte schrecken ausländische Investor:innen ab. Darüber hinaus leidet die Landwirtschaft im Südsudan unter bewaffneten Überfällen und Landminen, die viele Ackerflächen unbrauchbar machen.
Doch nicht nur wirtschaftliche Faktoren hemmen die Entwicklung des Landes. Zwei Drittel der Bevölkerung sind seit 14 Jahren auf Nothilfe angewiesen, was zu einer gewissen Krisenmüdigkeit in der internationalen Berichterstattung führt. Dies trägt dazu bei, dass der Finanzierungsaufruf der Vereinten Nationen für den Südsudan von 2024 bisher nur zu 10,3 % finanziert ist und damit stark unterfinanziert bleibt.
Im April 2024 stand die Gewalt im Sudan im Fokus der Medien und verschaffte somit auch dem Südsudan Aufmerksamkeit – insbesondere durch die sogenannte Flüchtlingswelle. Dabei handelt es sich sowohl um Rückkehrer, die aufgrund der prekären Lage im Sudan in ihre Heimat zurückkehren, als auch um sudanesische Geflüchtete, die den Südsudan als Transitland nutzen. Doch das Land selbst ist kaum in der Lage, die Grundbedürfnisse der Schutzsuchenden zu decken. Um den Südsudan aus der Krise zu führen, sind gezielte Massnahmen erforderlich: Eine stärkere internationale Unterstützung, Investitionen in Infrastruktur und Bildung sowie nachhaltige politische Reformen. Nur durch langfristige Friedensstrategien und nachhaltige Entwicklungsarbeit kann das Land eine Chance auf Stabilität und wirtschaftliche Entwicklung erhalten. Bis dahin aber bleibt der Südsudan ein trauriges Beispiel für einen vergessenen Konflikt, der dringend wieder in das Bewusstsein der Weltgemeinschaft gerückt werden muss.