Gespräche im Norden Malis sind dringend wieder aufzunehmen

"MONUSCO Photos, Mission des Nations Unies au Mali - MINUSMA" vom Original abgeschnitten. CC BY-SA 4.0 Deed (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/deed.de)
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Der von den malischen Behörden geforderte und im vergangenen Juni durch den UN-Sicherheitsrat beschlossene Abzug der Truppen der Mehrdimensionalen integrierten Stabilisierungsmission der Vereinten Nationen in Mali (MINUSMA) hat im Norden Malis gewalttätige Auseinandersetzungen ausgelöst. Die Übergabe der UN-Militärbasen an die malische Armee war eine der grössten Herausforderungen und hat zu starkem Widerstand durch einige bewaffnete Gruppen geführt, die das Friedensabkommen von 2015 unterzeichnet und sich im Ständigen Strategischen Rahmen (Cadre stratégique permanent, CSP) zusammengeschlossen haben. Die Feindseligkeiten treffen eine zehn Jahre lang durch dschihadistische Gewalt gepeinigte Bevölkerung hart und haben bereits hunderte von Opfern und tausende Vertriebene gefordert.

Das Ende von MINUSMA hat die bereits bestehenden Spannungen zwischen den nach den Staatsstreichen von 2020 und 2021 eingesetzten Regierungen und dem CSP weiter intensiviert. Im langwierigen Konflikt im Norden Malis gab es seit der Unabhängigkeit vier Rebellionswellen. 2015 kam unter der Ägide Algeriens das Friedensabkommen zwischen der Regierung, separatistischen Bewegungen und regierungsbefürwortenden Milizen zustande, das die Kämpfe zwischen Bamako und den bewaffneten Gruppen beendete.

Für die malische Übergangsregierung, die von der Gruppe Wagner unterstützt wird, gehört die Wiedererlangung der Kontrolle über die Militärbasen im Norden zur politischen Strategie mit dem Ziel, ihre Souveränität über das gesamte Gebiet zu festigen. Die bewaffneten Gruppen des CSP wiederum sehen dies als Verstoss gegen das Abkommen von 2015 und die 2014 getroffenen Sicherheitsvereinbarungen und befürchten, eine Stationierung von Armeetruppen könnte die wirtschaftlichen und politischen Vorteile gefährden, die sie aus der Kontrolle dieser Gebiete ziehen.

Allerdings bergen die erneuten Kämpfe für die Kriegsparteien weitaus mehr Risiken als Chancen. Taktische Niederlagen oder ein mögliches Treten auf der Stelle würde der Glaubwürdigkeit der Übergangsregierung gegenüber der Öffentlichkeit in Bamako schaden, wohingegen die reine Kontrolle der Basen keine Garantie für die Wiederherstellung der staatlichen Autorität im Norden wäre. Eine Fortsetzung der Kämpfe würde die Differenzen der Tuareg- und Arabergemeinschaften, aus denen die Mitglieder des CSP stammen, zutage fördern und die Fortschritte hinsichtlich der autonomen lokalen Gouvernanz – einer zentralen Forderung der bewaffneten Gruppen – schwächen. Die gewaltsamen Ausschreitungen würden die ohnehin schon katastrophale humanitäre Lage weiter verschärfen, das Misstrauen zwischen den Gemeinden schüren und die dschihadistischen Unruhen weiter befeuern.

Das Anstossen von Gesprächen, die auf einen Waffenstillstand zwischen Bamako und dem CSP abzielen, ist in dieser Situation unumgänglich. Die nationalen, regionalen und internationalen Akteure, die bei den malischen Parteien noch nicht in Ungnade gefallen sind, sollten sich sofort um den Dialog bemühen. Sicherlich ist die Situation durch den derzeitigen Stillstand im Friedensprozess und die geopolitischen Herausforderungen, die sich aus der Partnerschaft zwischen Mali und Russland ergeben, erschwert. Ohne ein Eingreifen und mit jedem neuen Gewaltausbruch rückt jedoch die Aussicht auf ein schnelles Ende der Kämpfe und letztlich auf die Wiederaufnahme von Gesprächen über eine politische Lösung in weite Ferne. Ein eindeutiger militärischer Ausgang der gegenwärtigen Auseinandersetzung ist weder realistisch noch wünschenswert. Die jüngste Geschichte des Landes zeigt, dass nur ein hinreichend unterstützter Verhandlungsprozess die Waffen zum Schweigen bringen kann.

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