Die Unsichtbaren sichtbar machen

Event «Stockholm Peace Talks». von Interpeace organisiert, 2017. Interpeace
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Gerade setzt eine kleine, aber lautstarke Minderheit alles daran, ein universelles Menschenrecht zu demontieren: das Recht auf Geschlechtergleichstellung. Wenn wir hierbei tatenlos zusehen, droht das Fundament der Menschenrechte zu bröckeln. Warum? Frauenrechte gehen nicht nur Frauen etwas an. Sie sind für alle Menschen relevant, denn die Verletzung von Frauenrechten hat denselben Ursprung wie die Verletzung anderer Grundwerte, beispielsweise Würde, Sicherheit, Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung. Mit den folgenden vier Schritten wird Anti-Gender-Initiativen der Wind aus den Segeln genommen. Gleichzeitig bleiben so der Gedanke und die Wirklichkeit der Gleichstellung für die kommende Generation erhalten.

Erstens: Anstatt sogenannte «Frauenrechte» zu erzwingen, sollten die Unsichtbaren sichtbar gemacht werden – ganz gleich, um wen es sich dabei handelt. Häufig sind es Frauen, aber nicht immer. Betroffen sind auch junge, alte oder beeinträchtigte Menschen beziehungsweise andere marginalisierte oder entrechtete Gruppen. Viele der aktuellen Debatten drehen sich um Genderdiversität, die für sich genommen ein wichtiges Thema ist, uns aber nicht von der grundlegenden Verpflichtung entbindet, dass kein Individuum übersehen werden darf.

Zweitens: Gesehen zu werden hilft, reicht jedoch nicht. Um die universellen Ziele für Frauen, Frieden und Sicherheit neben anderen Gleichstellungsprogrammen umzusetzen, müssen wir benachteiligten Personen eine Stimme geben und ihre Perspektiven ernsthaft berücksichtigen. Beziehen wir sie in die Diskussion ein, wird es uns auch leichter fallen, Frauen nicht nur zu zählen, sondern ihrem Wort tatsächlich Gewicht zu verleihen. Andere nur zu dulden ist eine passive und letztendlich unzureichende Reaktion, wohingegen gegenseitiger Respekt Türen für eine aktive Inklusion öffnet.

Drittens: Solange wir bestimmte Gruppen, darunter insbesondere Frauen, eher als Opfer denn als Akteur:innen des Wandels betrachten, können wir unsere Gesellschaften nicht zum Besseren umgestalten. Interpeace unterstützt Gemeinschaften dabei, sich zu friedlichen Gesellschaften zu entwickeln. Wenn wir indes die Hälfte einer Gemeinschaft ausschliessen, besteht keine Chance auf Frieden. In unserem Zuhause, in der Gemeinschaft sowie auf nationaler und globaler Ebene kann es keinen Frieden geben, solange wir eine Gruppe nicht für ehrbar, wertvoll oder würdig genug halten, um in unserer gemeinsamen Menschheitsgeschichte eine einflussreiche Rolle zu übernehmen.

Viertens und letztens: Der lokale Kontext ist zwar massgeblich, darf aber nicht als Ausrede für Untätigkeit gelten. Allzu oft werden kulturelle Normen als Hemmnisse wahrgenommen und nicht als Chancen, schwierige Themen anzusprechen und so Vertrauen zu schaffen. Aus solchen Gesprächen entstehen gemeinsame, lokal geführte, aufeinander aufbauende Massnahmen sowie neue Anlaufstellen über Väter, Söhne, Brüder, Mütter, Mentor:innen und Verbündete. Kulturelle Normen können Vorhaben begünstigen, vorausgesetzt wir begreifen, dass es sich bei der Förderung der Geschlechtergleichstellung nicht um eine Gefälligkeit für Frauen oder die Gesellschaft handelt. Vielmehr ist sie eine Voraussetzung für eine gesunde und resiliente Gesellschaft.

Wo wir ansetzen müssen, steht ausser Frage, und bereits einfache Schritte können unsere gemeinsame menschliche Verpflichtung stärken. Woher wir auch stammen, an wen oder was wir glauben oder zu welchem Geschlecht wir uns zählen, Gleichstellung ist nicht nur dem Grundsatz nach richtig, sondern auch in der Praxis. Deshalb müssen wir auf dem Weg hin zu einer besseren Gesellschaft für alle weiterhin dafür eintreten.

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