Staatsstreich in Niger: wichtige Rolle der Frauen in Frieden und Sicherheit

Adama Dawaki im Studio Kalangou. Fondation Hirondelle
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Interview mit Adama Dawaki, Redaktionsleiterin von «Le Niger sur Kalangou», Studio Kalangou Niger von Céline Kohlprath, Leiterin Kommunikation und Aussenbeziehungen

Studio Kalangou ist ein Radio-Informationsprogramm, das täglich von 52 Partnerstationen in fünf Sprachen übertragen wird und rund 80 Prozent der nigrischen Bevölkerung erreicht. Nach dem Staatsstreich vom 26. Juli 2023 verfolgt Studio Kalangou mit seinen 50 Journalist:innen sowie Korrespondent:innen weiterhin sein primäres Ziel: die Verbreitung verlässlicher und vielfältiger Informationen für alle Nigrer:innen. Adama Dawaki, Redaktionsleiterin der Sendung «Le Niger sur Kalangou», erzählt uns, wie wichtig es ist, Frauen von Anfang an in die Friedensverhandlungen miteinzubeziehen.

Wie gut sind Frauen aktuell, nach dem Staatsstreich, an den Verhandlungstischen vertreten?

Leider sind sie an den inländischen Gesprächen in Niger sowie an den internationalen diplomatischen Verhandlungen der ECOWAS-Länder und anderer Länder ausserhalb des Kontinents überhaupt nicht beteiligt. Das ist sehr schade. Das muss sich ändern. Frauen müssen von Krisenbeginn an die Möglichkeit zur Teilhabe am politischen Dialog haben und nicht erst im zweiten Schritt – in der Mediationsphase – zu Wort kommen. Diese Frauen sind am stärksten von den Fragen rund um die menschliche Sicherheit betroffen. Sie sind für den Haushalt und die Kinder zuständig und stehen damit bei der Bewältigung von Krisen, von denen ihre Gemeinschaft betroffen ist, an vorderster Front oder werden herangezogen, um den Dialog wiederherzustellen. Aus Erfahrung wissen wir, dass die Beteiligung von Frauen an Verhandlungen zu einem nachhaltigeren, dauerhafteren Frieden führt.

Welchen Hürden stehen Journalistinnen gegenüber, die über politische oder sicherheitsbezogene Themen berichten wollen?

Immer mehr Journalistinnen arbeiten in den verschiedenen Redaktionen im ganzen Land. Wir sind aber immer noch untervertreten. Leider halten sich die Hierarchien und Stereotypen hartnäckig und es gibt nur wenige Journalistinnen, die über Themen aus Politik und Sicherheit berichten. In gewissen Redaktionen riskiert eine Journalistin, wenn sie ein politisches oder sicherheitsbezogenes Thema vorschlägt, dass ihre Kompetenzen in Frage gestellt werden. Journalistinnen werden dort auf gesellschaftliche Themen reduziert. Der Weg ist also noch lang. Aber man kann ihn gehen. Persönlich wollte ich immer an den Ort des Geschehens reisen, mich mit der Bevölkerung, den Gemeinschaften und den Politiker:innen austauschen, um mehr zu bewirken. Ich konnte im Verlauf meines Berufslebens einige interessante Adressen zusammentragen. Seit sieben Jahren arbeite ich bei Studio Kalangou und bin aktuell gemeinsam mit anderen Kolleginnen für die Sendung «Le Niger sur Kalangou» zuständig, ein landesweites, interdisziplinäres Informationsmagazin. Gemeinsam mit unseren männlichen Kollegen wollen wir Frauen in Gesprächen und Foren eine Stimme geben. Leider findet man nicht so leicht Gesprächspartnerinnen. Dabei liegt die Bürgerbeteiligung der Frauen im Land höher als diejenige der Männer. Bei demokratischen Prozessen stimmen vor allem Frauen ab. Es ist unsere Pflicht, ihnen eine Stimme zu geben und ihnen mehr Gehör zu verschaffen, damit sie in unserer Gesellschaft ernst genommen werden.

Würde sich der politische Lauf der Dinge verändern, wenn Frauen mehr Gehör fänden?

Schwierig zu sagen. Sicher ist, dass Frauen einen besonderen Zugang zur Konfliktlösung innerhalb ihrer Gemeinschaft haben. Sie können sie widerspiegeln und so öffentliche Entscheidungsprozesse beeinflussen. Wenn man die Stimmen der Frauen in Sicherheitsfragen ignoriert, kann das dramatische Folgen haben. Ich komme zum Beispiel aus der Region Tillabéri, wo die Grenzen von Niger, Mali und Burkina Faso zusammenlaufen. Seit etwa zehn Jahren gibt es dort Konfrontationen zwischen den Gemeinschaften und die Sicherheitslage verschlechtert sich aufgrund der Präsenz nicht identifizierter bewaffneter Gruppen. Ackerbauern und ‑bäuerinnen können nicht mehr auf ihre Felder und die Leute hungern. Fast 100’000 Menschen sind bis heute aus der Region geflohen. Diese Situation kann so nicht anhalten, und das ist etwas, das die Frauen dieser Region schon lange sagen.

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