Banken sollen Investitionen in die Atomwaffenindustrie überdenken

Professor Andreas Nidecker. Basel Peace Office
KOFF/swisspeace
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Basel Peace Office

Prof. Andreas Nidecker, Arzt und Präsident der KOFF Trägerorganisation Basel Peace Office sowie angesehenes Vorstandsmitglied der Schweizer Organisation Internationale Ärzt:innen zur Verhütung des Atomkriegs (International Physicians for the Prevention of Nuclear War, IPPNW Schweiz), hielt am 5. April 2023 eine eindrückliche Rede anlässlich der UBS Generalversammlung. In seiner Ansprache verdeutlichte er, dass die UBS ihre Investmentstrategie dringend überprüfen müsse, insbesondere im Hinblick auf die Atomwaffenindustrie.

Nidecker verwies auf die potenziell katastrophalen Auswirkungen eines Atomkriegs und betonte die Bedeutung verantwortungsvoller Investmententscheide. Er erinnerte die Anwesenden an die zahlreichen Herausforderungen, denen die Welt gegenübersteht, wie etwa Covid-19, dem Krieg in der Ukraine, der Energiekrise und nun dem Kollaps der Credit Suisse. Die grösste Gefahr für die Menschheit sei jedoch, so Nidecker, diejenige eines Atomkriegs, der im aktuellen Krieg in Europa Wirklichkeit werden könnte. 

Gemeinsam mit seinen Kolleg:innen von IPPNW, Trägerin des Friedensnobelpreises von 1985, hat sich Nidecker lange Zeit mit den katastrophalen Folgen der atomaren Kriegsführung auseinandergesetzt. In seiner Rede brachte er grosse Bedenken im Hinblick auf die indirekte Unterstützung des atomaren Wettrüstens durch die Finanzinvestitionen der UBS zum Ausdruck. Zwischen Januar 2021 und Juli 2022 habe die UBS etwa 3,3 Milliarden US-Dollar in sieben Firmen investiert, die Atomwaffen oder Teile davon produzieren, darunter namhafte europäische und US-amerikanische Unternehmen wie Airbus, Boeing, Honeywell, Lockheed Martin und Raytheon, so Nidecker. Airbus etwa baue Flugzeuge für die Zivilluftfahrt, aber – was nur wenige wüssten – auch Atombomben für die französische Force de frappe. Boeing wiederum spiele eine wichtige Rolle bei der Produktion von mit nuklearen Sprengköpfen ausgerüsteten Interkontinentalraketen (ICBMs), der B61-Wasserstoffbomben und bestücke die atomaren Trident-Unterseeboote.

Damit ist die UBS nicht alleine: Laut dem jährlich erscheinenden Bericht über Unternehmen, die an der Produktion von Atomwaffen beteiligt sind, dem «Don’t bank on the bomb report», haben 306 global tätige Banken 24 Atomwaffen-Produzenten mit total 748 Milliarden US-Dollar alimentiert. Diese Zahlen verdeutlichen, dass die Rüstungsindustrie und die globalen Finanzinstitute die Haupttreiber der nuklearen Proliferation sind.

Angesichts der Tatsache, dass die Schweiz 1977 den internationalen Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen (NVV) unterzeichnet hat, stellte Nidecker entsprechende Fragen. Sollte sich die Schweiz als neutrales Land nicht konkreter für eine Welt ohne Atomwaffen einsetzen? Die Schweiz hat den Atomwaffenverbotsvertrag (AVV) von ICAN, der Internationalen Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen, noch nicht unterzeichnet, doch National- und Ständerat haben sich beide für den AVV ausgesprochen. Sollten die sicherheitspolitischen Ziele der Schweiz nicht auch der Orientierung der UBS dienen? Basel Peace Office ist zutiefst davon überzeugt, dass eine klar deklarierte Desinvestment-Politik und die Abkoppelung von der Atomwaffenindustrie der UBS viel Unterstützung und Sympathie einbringen kann.

Als global tätiges Finanzunternehmen hat die UBS einen grossen Einfluss und beteuert, dass es ethischen Grundsätzen folgt. Das, so Nidecker, solle die UBS nutzen, um sich für ein Desinvestment in die Atomwaffenindustrie einzusetzen, damit stattdessen der Kampf gegen den Klimawandel oder Friedensförderungsaktivitäten unterstützt werden können. Dies würde die globalen Bemühungen um ein friedliches Zusammenleben stärken und den Weg für erfolgreiche Finanzaktivitäten in einer stabileren globalen Zukunft ebnen.

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