Rohstoffsektor – die Wahrung von Sicherheit und Menschenrechten zugunsten von Frieden und Entwicklung

Sicherheitskräfte überwachen ein industrielles Minengelände in der DRC im 2022. DCAF
DCAF – Geneva Centre for Security Sector Governance
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DCAF – Geneva Centre for Security Sector Governance Toolkit zu Sicherheit und Menschenrechten (auf Englisch) DCAF's security and human rights knowledge hub platform (auf Englisch)


Wie können Länder den Ressourcenfluch überwinden? Den Fluch, der darin besteht, dass die Bevölkerung nicht von Investitionen in den Rohstoffsektor profitiert, sondern dass diese die Entwicklung untergraben und Konflikte schüren? Welche Rolle spielt der Privatsektor bei der Befeuerung oder möglicherweise der Durchbrechung dieses Kreislaufs? Das Genfer Zentrum für Gouvernanz im Sicherheitssektor DCAF arbeitet seit über zehn Jahren an der Schnittstelle zwischen Wirtschaft, Sicherheit und Menschenrechten und legt dabei den Fokus auf den Rohstoffsektor. Mit seinen Aktivitäten ermutigt das DCAF Unternehmen, ihre negativen Auswirkungen zu mindern und einen positiven Beitrag zu Frieden und Entwicklung zu leisten.


Weltweit lassen Öl-, Gas- und Bergbauunternehmen ihren Geschäftsbetrieb von Sicherheitsdienstleistern schützen – sei es durch Vereinbarungen mit öffentlichen Sicherheitskräften (nationale Polizei oder Streitkräfte), interne Sicherheitsteams oder die Beauftragung privater Sicherheitsdienstleister. Menschliche Sicherheit hängt jedoch nicht nur vom Schutz des Vermögens und der Mitarbeitenden des Unternehmens ab, sondern auch davon, dass die Gemeinschaften vor Ort das Unternehmen akzeptieren und sich sicher fühlen. Diese Symbiose beinhaltet komplexe Überlegungen für die Unternehmen, wie etwa die Kommunikation mit den Gastgemeinden, die Suche nach den Ursachen von Gewalt oder Konflikten und zu zeigen, dass ihre Investitionen einen gesellschaftlichen Nutzen haben. Weitere Massnahmen umfassen die Festlegung klarer Verpflichtungen und Verantwortlichkeiten zwischen Regierungen und Unternehmen für die Überwachung von Sicherheitsdienstleistern, die Sicherstellung von professionellem Verhalten und die Beseitigung etwaiger Missstände.


Seit 2012 unterstützt die Abteilung Frieden und Menschenrechte des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten eine strategische Partnerschaft zwischen DCAF und dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK), um Unternehmen in komplexen Kontexten dabei zu unterstützen, die Menschenrechte einzuhalten und bei ihren Sicherheitsmassnahmen Konfliktsensibilität zu gewährleisten. Die wichtigsten zwei Ressourcen, die DCAF und IKRK entwickelt haben, sind das Security and Human Rights Toolkit («Toolkit zu Sicherheit und Menschenrechten») und die Internetplattform Knowledge Hub («Wissensdrehscheibe»). Dort erfahren die Unternehmen, wie sie konstruktive und vertrauensvolle Beziehungen zu den Gastgemeinden und Regierungen aufbauen und gleichzeitig sicherstellen können, dass ihre Sicherheitsdienstleister die Menschenrechte achten. Anhand praktischer Fallstudien und interaktiver Anleitungen bieten diese Tools den Unternehmen unter anderem pragmatische Schritte für den Umgang mit schwacher Gouvernanz, die Förderung der Menschenrechte unter den Sicherheitskräften und die Sicherstellung eines inklusiven Engagements der Gemeinschaft.

Auf Länderebene befähigt DCAF nationale zivilgesellschaftliche Akteure zur Übernahme einer führenden Rolle bei der Zusammenführung von Unternehmens- und Regierungsvertreter:innen. Dabei werden Sicherheits- und Menschenrechtsverletzungen durch gemeinsames Engagement erkannt, verhindert und bereinigt. Die Freiwilligen Grundsätze für Sicherheit und Menschenrechte bilden einen wichtigen Rahmen für diese Bemühungen. Dabei handelt es sich um eine weltweite Initiative unter Einbezug mehrerer Interessengruppen, die die Umsetzung der bisher deutlichsten Darlegung von international bewährten Praktiken für verantwortungsvolle Sicherheitsverfahren in Unternehmen fördert. Die Arbeit von DCAF zur Umsetzung der Freiwilligen Grundsätze wird durch die Unterstützung mehrerer Geber ermöglicht – unter anderem von der Schweiz.


Die Förderung der Freiwilligen Grundsätze durch DCAF in der Demokratischen Republik Kongo (DRK) seit 2018 zeigt, wie eine lokal angepasste Förderung der international bewährten Praktiken dazu beitragen kann, den Ressourcenfluch zu durchbrechen. DCAF unterstützt kongolesische Nichtregierungsorganisationen bei der Einberufung von Arbeitsgruppen mit mehreren Parteien. Diese ermitteln die zentralen Herausforderungen für Sicherheit und Menschenrechte in den Gebieten mit handwerklichem Bergbau sowie Bergbau im kleinen Massstab in der «Konfliktmineral»-Region im Osten der DRK, sowie in Gebieten mit gross angelegtem industriellem Bergbau im südlichen Kupfer-Kobalt-Gürtel der DRK, überwachen sie und finden Lösungen dafür. Die im Osten der DRK tätige Gruppe hat Erkenntnisse über die möglichen positiven Auswirkungen eines Mehrparteien-Dialogs auf den Rohstoffsektor zusammengetragen. Diese enthalten konkrete Verbesserungen der Sicherheit und der Menschenrechte in den Bergbauanlagen Twangiza, Bitale sowie Nyabibwe. DCAF hat sich zudem verstärkt für die Verbesserung der Menschenrechtsbilanz von Sicherheitsdienstleistern eingesetzt. Die Organisation förderte etwa die Kapazitäten der Minenpolizei, um die schlimmsten Formen der Kinderarbeit in Minen zu verhindern und zu bekämpfen. Zudem unterstützte DCAF die Verbesserung der Sicherheits- und Menschenrechtspraktiken eines der weltweit grössten chinesischen Kobaltförderers.


Die Schweiz ist ein bedeutender Rohstoff-Handelsplatz und beherbergt grosse, multinationale Rohstoffunternehmen. Das Land ist ein leitendes Mitglied der Initiative der Freiwilligen Grundsätze und hält Produktionsländer wie die DRK nachdrücklich dazu an, sich der Initiative anzuschliessen. Zu diesem Zweck hat DCAF der Regierung der DRK zudem technische Unterstützung geboten, damit sich diese sich um den Beitritt zur Initiative bewerben konnte. Ein positiver Bescheid wird für Mai 2023 erwartet.


Einen solchen Mehrparteienansatz verfolgt DCAF in verschiedenen herausfordernden Kontexten, die alle mit dem Abbau natürlicher Ressourcen zusammenhängen. In Mosambik arbeitet DCAF mit der Zivilgesellschaft, der Landesregierung, Unternehmen und internationalen Partnern zusammen, um herauszufinden, wie grosse internationale Unternehmen angesichts der bewaffneten Gewalt im Zusammenhang mit islamistischem Extremismus in der Provinz Cabo Delgado ihre Geschäftstätigkeit aufrechterhalten und einen positiven Beitrag zu Frieden und Entwicklung leisten können. In Lateinamerika unterstützt DCAF das Engagement verschiedener Interessengruppen in Kolumbien. Die derzeitige Regierung stuft die Bereiche Wirtschaft, Sicherheit und Energie als vorrangig für die Festigung des Friedens und des Wohlstands sowie als Mittel zur Umsetzung der Empfehlungen aus dem Bericht der Wahrheitskommission (National Truth Commission) ein.


Angesichts des langsamen weltweiten Übergangs weg von fossilen Brennstoffen und des zunehmenden Bestrebens hin zur Gewinnung kritischer Mineralien oder anderer Ressourcen als Teil der Transition zur grünen Energie ist es immer dringender nötig, sicherzustellen, dass Rohstoffunternehmen die Menschenrechte einhalten, konfliktsensibel agieren und, dass ihre Investitionen auch der lokalen Bevölkerung zugutekommen. So negativ sich Unternehmen auf Rechteinhaber auswirken können, so positiv können sie auch zum Aufbau und zur Stärkung von Sicherheitsinstitutionen und zur Konfliktprävention beitragen. Trotz der weiterhin bestehenden Herausforderungen aufgrund politischer Strömungen und Konfliktdynamiken auf Landes- und Regionalebene zeigen die Bemühungen von DCAF zur Stärkung des verantwortungsvollen Sicherheitsmanagements und zum Miteinbezug mehrerer Interessengruppen, wie nach und nach positive Veränderungen im Rohstoffsektor erzielt werden können. Dank des Engagements mehrerer Interessengruppen hat die gesamte Wirtschafts-, Menschenrechts- und Friedensförderungsgemeinschaft gelernt, wie wichtig Partnerschaften und gemeinsames Engagement sind. DCAF ist offen für die Zusammenarbeit mit allen Akteuren, die sich für diesen Ansatz interessieren.

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